Wir leben in Zeiten, in denen wir eine zuvor nie gekannte Freiheit erleben. In Deutschland darf beispielsweise jeder sagen, was er denkt, denn wir haben eine im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit. Der Mensch darf so leben, wie es ihm gefällt und sich auch für Dinge entscheiden, die andere vielleicht nicht verstehen, ohne Angst vor Verfolgung haben zu müssen.
Inzwischen dürfen Personen sogar ihr eigenes Geschlecht wählen, wenn die Geschlechtsidentität nicht mit dem übereinstimmt, was bei der Geburt festgestellt wurde. Egal ob Frau, Mann oder Divers, jeder bekommt die gleichen Chancen und Möglichkeiten, sich frei zu entfalten. Um das zu gewährleisten, ist es notwendig, dass wir unsere Sprache überdenken, anpassen und verändern. Wir müssen gendern!
Gendern meint dabei, sich nicht auf eine Geschlechterrolle festzulegen. Es geht nicht um Den oder Die, sondern um beide gleichermaßen. Überhaupt stellt sich die Frage, warum oft erst der Mann und darauf folgend die Frau genannt wird. Viel zu fest ist in unserer Sprache verankert, dass die männliche Person als Erstes auftaucht und die weibliche Figur danach erscheint. Wie eine Art Anhängsel, welches zwangsläufig hinter den Mann gehört. Was für ein Blödsinn!
Genau dieses Phänomen soll das Gendern ein für alle Mal beseitigen. Statt mich in Texten darauf festzulegen, bestimmte Formen zuerst zu nennen, verzichte ich beim Gendern daher auf die Nennung von Geschlechtern oder erwähne alle Geschlechtsidentitäten gleichermaßen und mit demselben Respekt und Wertgefühl.
Natürlich ist das im Alltag alles noch etwas komplizierter. Was genau ihr über das Gendern wissen müsst, was es bedeutet, wie es geht, was das Gendersternchen eigentlich meint und was für Sonderfälle und andere Genderzeichen es gibt, klärt mein Artikel zum Thema.
Gendern bedeutet, eine gendergerechte Sprache zu verwenden. Das wiederum meint im Kern nichts anderes als den Verzicht auf eine Nennung des Geschlechts bzw. die Erwähnung aller Geschlechter mithilfe des Gendersternchens.
Das große Problem, welches das Gendern und eine gendergerechte Sprache notwendig werden lässt, sind die Machtstrukturen in unserer Gesellschaft. Ob ihr das nun persönlich so empfindet oder nicht, spielt dabei keine Rolle, denn Fakt ist, sie existieren. Die Frau kam stets zum Schluss. Immer war es die männliche Form, die zuerst genannt wurde.
Was zunächst wie eine Lappalie erscheint, setzt Machtverhältnisse fort, die in der Sprache seit Ewigkeiten bestand haben und somit auch in unseren Köpfen weiterhin existieren. Doch wir leben heute nicht mehr in Zeiten, in denen es derartige Unterschiede geben sollte. Also müssen wir gendern, in dem wir nicht einfach »Leser« und »Leserin« schreiben, sondern mit »Leser*innen« alle Geschlechter gleichermaßen ansprechen und somit auch niemanden zuerst oder zuletzt nennen.
Genau das bedeutet gendern. Doch es ist tatsächlich erst der Anfang. Lasst uns ruhig ein wenig mehr in die Details eintauchen und auch die unterschiedlichen Arten beleuchten, mit denen gendern überhaupt möglich wird. Was es da gibt und wie gendern im Alltag funktioniert, schauen wir uns nun noch einmal genauer an.
Nun haben wir eben erst besprochen, dass gendern Machtstrukturen aufbrechen soll. Dabei geht es auch um ganz lapidare Fragen. Warum ist »schwul« für viele eine Beleidigung? Warum denken wir bei einem »Arzt« zu aller erst an den Doktor im weißen Kittel und nicht an eine Ärztin? Und warum ist der Mechaniker immer ein Mann und in unserem Kopf quasi niemals eine Frau?
Weil wir diese Rollenbilder in unserer Sprache über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg verankert haben. Weil es früher tatsächlich Unterschiede gab, die Frau unterdrückt wurde und sich somit eine Nennung als Anhängsel etabliert hat. Einige Berufe sind typische Männerberufe, andere gelten als Frauenberufe. Dass das Schwachsinn ist, haben wir noch gar nicht so lange begriffen, wie wir uns gerne einbilden.
Gendergerechte Sprache soll nun unsere neue Denkweise unterstreichen und die Wertungen aus Texten entfernen. Niemand wird zuerst genannt. Es gibt keine Unterscheidung mehr, somit also auch keine Männerberufe und Frauenberufe. Sollte es zumindest nicht mehr geben. Gendergerechte Sprache kämpft dafür.
Hin und wieder gibt es Kritik an dem Gendern und den gebotenen Möglichkeiten. Die einen verstehen nicht, warum gendern notwendig ist, die anderen sträuben sich und schieben Argumente wie eine schlechte Lesbarkeit vorweg. Beides zeugt nur von dem Unwissen des Einzelnen.
Dass sich die Sprache verändert, war schon immer normal. Denkt an Begriffe wie »googeln«, die vor vielen Jahren noch kein Mensch kannte und die heute im Duden stehen. Neue Wörter kommen hinzu, alte werden entfernt und die Zeiten ersetzten bekannte Muster und passen die allgemeine Kultur an. Wir unterscheiden heute nicht mehr zwischen den Geschlechtern. Sollten wir zumindest nicht.
Sprache muss genderneutral werden! Das ist die einzig richtige Aussage. Es ist nicht länger okay, dass Männer bevorteilt werden und es ist auch nicht korrekt, dass bestimmte Floskeln sich rein maskulin durchgesetzt haben. Denkt an Leitsätze wie: »Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Ihren Arzt oder Apotheker.« Wo ist die Frau in diesem Satz? Gedanklich bei vielen wahrscheinlich am Empfang der Arztpraxis.
Sprache erzeugt Bilder im Kopf und beeinflusst, wie wir denken und die Welt wahrnehmen. Beim Gendern werden Frauen nicht mehr als Anhängsel an die männliche Form behandelt und stereotype Rollenbilder werden ein für alle Mal aufgebrochen. Deshalb ist Gendern in Text und Sprache wichtig.
Wir haben jetzt also geklärt, dass das Gendern keine Höflichkeit darstellt, sondern schlichtweg notwendig ist, um unsere Sprache, Auffassung und Empfindung der Dinge zu korrigieren. Alles schön und gut, doch wie genau wird denn nun gegendert? Zeit, sich die Möglichkeiten, genderneutral zu schreiben, mal im Detail anzusehen.
Prinzipiell kommt beim Gendern immer das sogenannte Genderzeichen zum Einsatz, welches oft auch als Gendergap bezeichnet wird. Allerdings besteht hier das theoretische Problem, dass es ungefähr fünf verschiedene Arten von Genderzeichen bzw. Gendergaps gibt. Keines davon ist wirklich falsch, aber auch keines scheint tatsächlich richtig zu sein.
Als erstes müssen wir uns deshalb die verschiedenen Genderzeichen genauer anschauen und klären, welche es überhaupt gibt und wie sinnvoll diese sind. Ohne die Genderzeichen zu kennen, kann auch niemand richtig gendern.
Nun stellt sich die Frage, welches Genderzeichen verwendet werden sollte. Für mich ist das einfach, denn alles, außer das Gendersternchen stört in meinen Augen den Lesefluss. Außerdem haben sich die meisten Publikationen stillschweigend auf den Genderstern geeinigt, weshalb dieser die größte Verbreitung findet, wenn es um das genderneutrale Schreiben geht. Doch was genau lässt das Gendersternchen geeignet erscheinen?
Der Genderstern (eigentlich nur ein Asterisk, also ein typografisches Schriftzeichen), soll eine möglichst genderneutrale Schreibweise gewährleisten, indem es das Geschlecht aus den einzelnen Wörtern nimmt. Für fast alle anderen Zeichen, die auch als Genderzeichen Verwendung finden, gibt es außerdem alternative Bedeutungen.
So dient der Schrägstrich beispielsweise oft, um die Paarform zu nennen. Der Doppelpunkt leitet Aufzählungen ein. Ein Unterstrich ist nicht nur in seiner Bedeutung schwierig, sondern dient häufig auch als Platzhalter. Lediglich das Gendersternchen hebt sich besonders deutlich ab, weshalb es als Genderzeichen geradezu ideal erscheint. Außerdem meint es sowohl eine männliche als auch eine weibliche Person, genau wie es diverse Menschen anspricht. Das Gendersternchen wertet somit am wenigsten und hat in Texten zudem keine alternative Bedeutung.
Das Gendersternchen basiert dabei auf dem 2003 erstmals eingeführten Gendergap. Damals einigten sich einige Publikationen auf den Unterstrich als Genderzeichen. Um das Gendern zu vereinfachen und die genderneutrale Schreibweise zu verdeutlichen, verbreitete sich 2009 dann erstmals der Genderstern und wurde als Gendersternchen 2018 zum Anglizismus des Jahres gewählt. Seitdem gilt der Genderstern als Nachfolger zum Gendergap von 2003. Deshalb wird der Unterstrich heute kaum noch als Genderzeichen verwendet, da er als veraltet und überholt wahrgenommen wird.
Im Großen und Ganzen hat sich das Gendersternchen seitdem etabliert und wird auch von vielen Zeitungen und Magazinen eingesetzt. Alle anderen Genderzeichen bleiben hingegen eine Randerscheinung, die nur vereinzelt Verwendung finden. Wer genderneutral schreiben bzw. richtig gendern möchte, sollte daher den Genderstern verwenden.
Wenn ich von Text*innen rede, ist die Sache ganz einfach. Auch ein*e Content Manager*in sollte kein Problem sein und wird ohne große Schwierigkeiten oder Denkaufgabe genderneutral verfasst. Doch was passiert bei Wörtern, die nicht so einfach zu gendern sind. Wie funktioniert das Gendern bei einem »Arzt« oder »Anwalt«?
Diese Sonderfälle klingen jedoch nur kompliziert, denn lässt sich das Geschlecht nicht ohne Weiteres gendern, wird es abgekürzt, sodass eine genderneutrale Form entsteht. Statt »Arzt« also »Ärtz*in« und statt »Anwalt« einfach »Anwält*in«. Durch das Gendersternchen wird deutlich gemacht, dass beide Formen gemeint sind bzw. alle Geschlechter angesprochen werden.
Wer möchte, könnte hier auch alternative Schreibweisen wie »Arzt*Ärztin« oder »Anwalt*Anwältin« verwenden. Im Grunde ist genau das dank dem Gendersternchen aber nicht notwendig. Der Genderstern verdeutlicht hier, was gemeint ist und zeigt, dass genderneutrale Sprache angewandt wurde.
Da sich alle größeren Publikationen auf den Genderstern bzw. das Gendersternchen geeinigt haben, gibt es aus meiner Sicht kaum einen Grund, mit alternativen Genderzeichen zu gendern. Zwar existieren hier und da noch kleinere Städte und Behörden, die kein Gendersternchen anwenden, doch schon jetzt ist der Genderstern ein unausgesprochener Standard geworden.
Trotzdem möchte ich an dieser Stelle einmal kurz und knapp auf eventuelle Vor- und Nachteile der einzelnen Genderzeichen eingehen. Diese Vor- und Nachteile erklären dann auch gleich, warum das Gendersternchen als Genderzeichen sehr deutlich gewinnt und dementsprechend schon weitläufig Verwendung findet.
Gendersternchen: Spricht alle an. Sowohl die weibliche als auch die männliche Form, ebenso wie weitere Geschlechtsidentitäten. Jeder liest, was er ist und ignoriert den Zusatz. Allerdings ist das Gendersternchen ein Sonderzeichen, was gerade bei sehr alten Redaktionssystemen oder im Content Management zu Problemen führen kann.
Binnen-I: Spricht Frauen und Männer an, wobei die weibliche Fassung automatisch und direkt mitgelesen wird. IST optisch allerdings nicht so schön und schließt diverse Geschlechtsidentitäten aus.
Doppelform: Absolut unproblematisch und in jeglicher Hinsicht einsetzbar ist die Doppelform. Dabei werden immer sowohl die weibliche, als auch die männliche Variante genannt. Das Problem bei dieser Schreibweise ist, dass Texte oft endlos lang und gestreckt wirken, wenn an jeder Stelle die Doppelform verwendet wird. Auch hier werden außerdem die anderen Geschlechtsidentitäten ausgegrenzt.
Doppelpunkt: Der Doppelpunkt ist nicht sinnvoll, weil er typografisch etwas anderes bedeutet und darstellt. Dafür spricht er, genau wie das Gendersternchen, auch alle anderen Geschlechtsidentitäten an. Von einer Nutzung würde ich aufgrund der typografischen Regeln jedoch absehen.
Klammerung: Wer nicht weiß, wohin damit, klammert es eben einfach aus. Die große Schwierigkeit bei der Klammerung ist, genau wie beim Doppelpunkt, eine typografisch andere Bedeutung. Die weibliche Form wird zudem »weggeklammert« oder »ausgeklammert«, was beim Gendern schwierig ist, da es wertend erscheint.
Schrägstrich: Der Schrägstrich ist ein Klassiker, der schon immer und viel für die Erweiterung von Wörtern Verwendung fand. Es ist eine akzeptierte Schreibweise, die gut funktioniert. Kontrovers war der Schrägstrich beim Gendern aber von Anfang an deshalb, weil er wie die Klammer wertend auftritt. Die weibliche Form wird somit zum einfachen Anhängsel. Auch werden weitere Geschlechtsidentitäten ignoriert.
Unterstrich: Zum Schluss gibt es dann noch den Unterstrich. Der spricht in seiner Bedeutung alle an, also auch die Geschlechter, die sich nicht klar als Mann oder Frau identifizieren. Genutzt wird er für gewöhnlich aber nicht mehr, da er gerade auf Websites einen anderen Sinn hat und oft Probleme im Content Management verursacht. Er gilt zudem als Vorgänger vom Gendersternchen und ist somit ein veraltetes Genderzeichen.
Als Texter stellte sich bei mir früh die Frage, welche gendergerechte Sprache und Schreibweise ich denn nun verwenden soll und was ich meinen Kund*innen empfehlen kann, wenn es um das Gendern geht. Bei mir fiel die Wahl sehr schnell auf den Genderstern und die Gründe dafür möchte ich euch hier kurz nennen.
Zum einen wurde relativ früh klar, dass Zeitungen und Magazine voll und ganz auf das Gendersternchen als Genderzeichen setzten, wenn es um die gendergerechte Sprache ging. Zum anderen liest sich der Genderstern in Texten sehr gut und wird typografisch weniger häufig verwechselt. Alle anderen Genderzeichen besitzen eine weitere Bedeutung, die das Gendern mit selbigen verwirrend erscheinen lassen kann. Das Gendersternchen jedoch ist einmalig und verdeutlicht auf den ersten Blick die neutrale Nennung aller Geschlechter.
Daher hat sich der Genderstern beim Gendern nicht nur sehr schnell etabliert, sondern auch als am geeignetsten erwiesen. Außerdem lässt er sich in Markdown und gängigen Textverarbeitungen deutlich besser handhaben als die anderen Gendergaps bzw. Genderzeichen. Ich empfehle und nutze daher immer das Gendersternchen und sehe dieses auch als den logischen Standard beim gendern von Texten.
Stellt sich die Frage, wie sinnvoll es ist, innerhalb der Werbung zu gendern. Denn immer noch ist das Gendern ein kontroverses Thema, welches viele als absoluten Streitpunkt empfinden und sich direkt *getriggert* fühlen. Auch wenn jeder, der darüber nachdenkt, zu dem Schluss kommen sollte, dass das Gendern notwendig und zeitgemäß ist, muss diese Überzeugung trotzdem nicht auf diejenigen zutreffen, die üblicherweise auf eine Werbeanzeige klicken.
Ein aktueller Test zeigt nun, welchen Einfluss das Gendern tatsächlich auf die Performance von Werbeanzeigen haben könnte. Um genau zu sein, sanken die Kosten (CPC) um 16 Prozent, während sich gleichzeitig die Klicks und die Views auf der Website erhöhten. Im Test ging es um eine Anzeige bei Instagram, die ein eBook bewerben sollte. Die zwei Werbeanzeigen im Versuch waren dabei optisch absolut identisch. Nur wurde in der einen gegendert und in der anderen nicht. Von Anfang an hat die Anzeige, die eine gendergerechte Sprache verwendete, besser funktioniert, heißt es.
Nun sind wir alle selbst Spezialist*innen und wissen somit, dass Instagram, wie oben erwähnt, für dieses Thema besonders empfänglich ist. Hinzu kommt noch der kleine Testkreis sowie die Tatsache, dass es per se immer besser ist, die Masse anzusprechen als eine einzelne Person. So hieß es in der einen Anzeige »Marketer:innen« und in der anderen »Marketer«. Das hat zur Folge, dass in der ersten *alle* Menschen angesprochen wurden, in der zweiten aber nur die männliche Form eine Rolle spielte. Das hätte für einen repräsentativen Text deshalb anders formuliert werden müssen.
Der Test stammt vom Unternehmen Agorapulse und ist aufgrund der erwähnten Mängel nicht zwangsläufig so aussagestark wie suggeriert wird. Das räumt Agorapulse aber am Ende jedoch selbst ein. Demnach wäre der Umfang für universelle Aussagen viel zu klein und der Aufbau zu simpel, zudem sei die Zielgruppe auf Instagram entsprechend begrenzt. Allgemein ist es dennoch interessant, dass das Gendern zumindest in diesem Fall funktioniert hat. Das wiederum bedeutet, dass ein eigener A/B Test durchaus angebracht sein könnte. Den Versuch ist es Wert. Vielleicht hat das Gendern also auch im finanziellen und werblichen Bereich größere Auswirkungen als wir derzeit vermuten.
Nun meint genderneutral schreiben aber nicht, dass überall ein Gendersternchen angebracht werden muss und Texte durchzogen sind von den verschiedenen Genderzeichen. Vielmehr sollte schon beim Verfassen eines Textes darauf geachtet werden, eben gar nicht erst die unterschiedlichen Geschlechter zu nennen und die Sätze möglichst genderneutral zu formulieren.
Um bei dem Sonderfall »Ärzt*in« zu bleiben, müsste der*diese nicht gesondert erwähnt werden. Es könnte vom »Ärztlichen Rat« gesprochen werden, statt die Person direkt zu nennen und somit die Nennung des Geschlechts notwendig zu machen. Genderneutral schreiben heißt also immer auch, wertende Formulierungen zu überdenken.
Das Exempel mit »Ärzt*in« ist dabei nur ein Beispiel von vielen. Oft lassen sich Sätze gänzlich umformulieren, sodass sie keine Geschlechternennung mehr enthalten. Genau das ist der Idealfall. Gendergerechte Sprache meint im Kern, möglichst wenig in Geschlechterrollen zu denken. Und wer nicht in Geschlechterrollen, sondern genderneutral denkt, der braucht die Geschlechtsidentitäten dann auch gar nicht erst erwähnen.
Nach Möglichkeit werden daher keine Geschlechter genannt. Wenn nicht anders realisierbar, kommt das Gendern zum Einsatz, um eine neutrale gendergerechte Sprache zu gewährleisten. Genderneutral schreiben meint also immer auch alle oder gar keine Geschlechter anzusprechen.
Es gibt ein paar Tipps und Tricks, die das Gendern bzw. die Verwendung einer gendergerechten Sprache deutlich vereinfachen. Oft ist das Gendern außerdem gar nicht notwendig, wenn beim Verfassen eines Textes bereits darauf geachtet wird, keine Geschlechterrollen einzupflegen.
Ein paar dieser Hilfen habe ich hier für euch zusammenfasst. Wer diese im Kopf behält, denkt beim nächsten Mal von allein daran. Richtig gendern ist nebenbei bemerkt gar nicht schwer, es muss nur zur Gewohnheit werden, damit wir nicht mehr darüber nachdenken, sondern ganz automatisch korrekt gendern.
Allgemeine Schreibweisen: Der beste Weg ist immer, eine neutrale Schreibweise zu wählen. Statt sich auf die »Abonnenten« eines Newsletters zu beziehen, könnte ich also von »Bezugspersonen des Newsletters« sprechen. Zugegeben machen solche Umgehungen den Satz nicht zwingend schöner, sie vermeiden aber das Gendern und umgehen somit auch das Gendersternchen. Der »Manager« wird dann zur »Führungskraft« und das »Expertenwissen« zum »Fachwissen«. Mit neutralen Schreibweisen wird das Gendern also geschickt umgangen.
Genderneutrale Mehrzahl: Ebenfalls hilfreich ist es, die genderneutrale Mehrzahl zu verwenden. Es wird also nicht mehr von den »Abonnenten eines Newsletters« gesprochen, sondern von den »Abonnierenden«. Statt von dem »Anrufer« sind es die »Anrufenden« und statt »Ehefrau« und »Ehemann« sind es die »Eheleute«. Mit der Mehrzahl muss niemand explizit gendern, weil kein Geschlecht direkt angesprochen wird.
Geschlechterspezifische Endung: Es gibt bestimmte Formulierungen, die geschlechterspezifische Endungen enthalten. Das kann vorkommen, wenn ich beispielsweise Sätze bilde wie: »Der Supermarkt in Kleindorf ist er größte Arbeitgeber«. Das Problem ist hier das Wort »Arbeitgeber«. Also müsste ich schreiben: »Der Supermarkt in Kleindorf stellt die meisten Arbeitsplätze zur Verfügung«. Geschlechterspezifische Endungen können beim Gendern problemlos beachtet und relativ simpel umformuliert werden.
Gruppen vermeiden: Auf Schildern ist oft von bestimmten Personen die Rede, was durch eine direkte Ansprache vermieden werden könnte. Schriftzüge wie: »Besucher des Kirchturms warten bitte hier« sind schließlich nicht genderneutral. Eine direkte Anrede auf solch einem Schild ist daher deutlich sinnvoller. So etwas wie: »Bitte warten Sie hier, wenn Sie den Kirchturm besuchen«. Auch hier muss niemand gendern, weil die Nennung des Geschlechts mit der direkten Anrede gänzlich vermieden wird.
Stereotype aufbrechen: Gendern meint immer auch Stereotype zu vermeiden, um die Anschauung von geschlechterspezifischen Rollen maßgeblich zu verändern. Bei einem Satz wie: »Die Empfangsdame bereitet alles für ihren Chef vor«, ist ein Stereotyp enthalten, der nahelegt, das im Empfang alle weiblich sind, während der Chef selbstverständlich ein Mann sein muss. Beim Gendern werden solche Formulierungen vermieden. Stattdessen würde der Satz lauten: »Das Empfangspersonal bereitet alles für die Führungsebene vor.« Prinzip verstanden? Keine Klischees benennen! Weitere Beispiele sind Arzt und Krankenschwester oder ähnliche in unserem Kopf als Mann-Frau festgesetzte Konstellationen.
Prinzipiell gibt es noch keine Online-Tools, die wirklich gut auf das Gendern und eine gendergerechte Sprache hin optimiert worden sind. Das ist etwas enttäuschend, denn selbst sehr hochwertige SEO-Tools für Texter und Content Marketer haben oft zwar alle möglichen Analysen und manchmal sogar umfassende WDF*IDF Statistiken mit an Board, schaffen es aber dennoch nicht, das Gendern in analysierten Texten zu berücksichtigen.
Interessant ist immerhin das Genderwörterbuch, welches die Website Geschicktgendern.de zur Verfügung stellt. Die Seite präsentiert sich dabei angenehm schlicht, weshalb sie im Alltag gut nutzbar erscheint, auch wenn mir persönlich die Empfehlungen nicht immer gefallen. Einen Blick ist das Genderwörterbuch trotzdem wert. Gerade wer beim Schreiben nicht weiter weiß oder nach alternativen Schreibweisen sucht, aber einfach keine genderneutrale Version finden will, kann sich hier Inspiration holen.
Über kurz oder lang werden alle größeren Text- und SEO-Tools einen Gendercheck anbieten, da bin ich mir sicher. Aktuell ist dies nur vereinzelt der Fall und auch nicht wirklich empfehlenswert, weil viel zu oft entsprechende Stellen übersehen oder ignoriert werden. Wer gendern möchte, muss sich derzeit also noch intensiv mit den Formulierungen und den genderneutralen Schreibweisen auseinandersetzen.
Echte Online-Tools, die euch das Gendern vereinfachen, gibt es demnach nicht. Das Genderwörterbuch hilft euch aber zumindest dabei, Alternativen für eine gendergerechte Sprache zu finden. Der Rest muss von euch kommen.
Wenn es um das Gendern geht, werden immer wieder bestimmte Vokabeln und Fachbegriffe verwendet, die für eine gendergerechte Sprache stehen. Diese Wörter möchte ich euch nun einmal genauer erklären und aufzeigen, was sie jeweils bedeuten. Die Übersicht dient zur besseren Verständlichkeit und als eine Art Glossar zum Gendern.
Agender: Mit Agender wird eine Geschlechtsidentität beschrieben. Ein Mensch, der sich als Agender bezeichnet, identifiziert sich mit keinem bekannten Geschlecht und gilt daher als Agender.
Bigender: Wer Bigender ist, besitzt zwei verschiedene Geschlechtsidentitäten. Dabei ist es egal, ob Frau und Mann oder Frau und Nicht-Binär etc. denn hier ist jegliche Kombination möglich.
Cis: Cis ist ebenfalls eine Geschlechtsidentität und entspricht dem, was bei der Geburt in der Geburtsurkunde eingetragen wurde. Ein Cis-Mann ist also ein Mann, der bei der Geburt als Mann eingeordnet wurde und eine Cis-Frau ist eine Frau, die als Frau geboren wurde und auch so lebt.
Demi: Der Begriff »Demi« kommt eigentlich aus dem Französischem und meint »zur Hälfte«. Wer sich als Demi-Frau oder Demi-Mann bezeichnet, empfindet seine eigene Geschlechtsidentität also nur zur Hälfte. Er sieht sich weder klar als Frau noch klar als Mann.
Divers: Bereits 2017 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass es gegen das Grundgesetz verstößt, wenn Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen können oder wollen, als »Frau«, »Mann« oder »Geschlechtslos« registriert werden. Daher gab es ein neues Personenstandsrecht, welches den Eintrag »Divers« erlaubt. Alternativ bleibt das Geschlechtsfeld komplett leer.
Doppelnennung: Gendergerechte Sprache verwendet für gewöhnlich den Genderstern, doch theoretisch gibt es auch viele andere Schreibweisen. Eine davon ist die Doppelnennung. Hier wird statt »Texter*in« dann »Texter und Texterinnen« geschrieben. Das Problem dabei ist, dass zum einen die Variante Divers nicht berücksichtigt und zum anderen die männliche oder weibliche Form zuerst genannt wird, weshalb das häufige Wechseln im Text empfohlen wird. Beides ist beim Gendern unschön, weshalb üblicherweise das Gendersternchen als Genderzeichen zum Einsatz kommt.
Feminismus: Der Feminismus setzt sich für eine Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Meist betrifft dies vor allem die Rechte der Frauen. Allerdings gibt es viele Feminist*innen, die nicht nur für Frauenrechte einstehen, sondern eben wirkliche eine Gleichberechtigung aller Geschlechter fordern.
Frühsexualisierung: Mit der Frühsexualisierung ist gemeint, dass Kinder und jugendliche zu früh in Kontakt mit sexuellen Themen kommen. Der Begriff wird für gewöhnlich verwendet, um die Aufklärung in jungen Jahren als etwas Negatives darzustellen. Allgemein ist genau das aber wichtig, da Kinder schon früh und vor allem frei mit Themen wie der sexuellen Orientierung, den Geschlechtsidentitäten und der Sexualität als solches umgehen sollten. Nicht aufklären bedeutet, dass später das notwendige Verständnis fehlt.
Gender Equality: Im Grunde meint Gender Equality nichts anderes als die Gleichstellung der Geschlechter. Allerdings wird eben häufig der Begriff Gender Equality verwendet, da er kurz und prägnant ist. Gleichstellung der Geschlechter ist dabei nicht nur sozial gemeint, sondern verdeutlicht auch die Chancengleichheit aus rechtlicher Sicht.
Gendercgap: Der Begriff ist ein Anglizismus aus Gender (Geschlecht) und Gap (Lücke). In der Soziologie beschreibt das Wort die Unterschiede in der Gleichstellung der Geschlechter. Gendergap wird allerdings auch das Genderzeichen genannt, welches beim Gendern in Texten Verwendung findet. Der Genderstern beispielsweise ist ebenfalls ein Gendergap. Auch hier scheint der Begriff passend, weil er eine Lücke beim Geschlecht lässt. In Deutschland ist dennoch meist vom Genderzeichen die Rede, wenn es um das Gendern geht.
Genderfluid: Genderfluide Menschen wechseln ihre Geschlechter. Genderfluid meint dabei eine Geschlechtsidentität, bei der sich ein Mensch weder mit dem einen noch mit dem anderen Geschlecht identifizieren kann, sondern wechselnde Empfindungen und somit auch wechselnde Geschlechtsidentitäten besitzt.
Genderismus: Genderismus ist ein anderes Wort für Genderwahn und wird abwertend von Kritikern verwendet, die gegen das Gendern und die Gleichberechtigung der Geschlechter sind. Häufig ist vom Genderismus oder dem Genderwahn innerhalb von Kommentaren zu lesen, wo sich Leser*innen über das Gendern in den Texten beschweren. Gerade in der Anfangszeit, als das Gendern noch etwas Exotisches war, kam der Begriff sehr häufig vor.
Gendern: Gendern bedeutet nichts anderes als beim Sprechen und schreiben eine möglichst gendergerechte Sprache zu verwenden, also alle Geschlechter mit einzubeziehen und das Gender-Mainstreaming zu verwenden. Es kann auch bedeuten, auf die Nennung des Geschlechts gänzlich zu verzichten, um niemanden direkt anzusprechen. Vor allem beschreibt es aber die Bemühung für Gleichberechtigung in Sprache, Text und Bild.
Gender-Mainstreaming: Damit ist die korrekte Gleichstellung aller Geschlechter gemeint. Mainstreaming bedeutet dabei die Normalisierung. Gendern wird zum Mainstream, also zur Normalität.
Gendersensibel: Der Begriff wird oft in Bezug auf das Fernsehen und den Journalismus verwendet. Dort ist dann vom gendersensiblen Journalismus oder gendersensiblen Beiträgen die Rede. Das meint nichts anderes, als sensibel mit diesen Themen umzugehen, sie nicht auszuklammern und dementsprechend auch auf die Nennung einzelner Geschlechter zu verzichten, also zu gendern.
Generisches Maskulinum: Das generische Maskulinum kommt aus der Linguistik und meint, dass bei großen Gruppen, in denen ein Mann enthalten ist, automatisch die männliche Form genutzt werden sollte. Wenn wir also 49 Texterinnen haben, die zusammen mit 1 Texter ein Buch schreiben, ist sofort von 50 Textern die Rede, obwohl es logischerweise deutlich mehr Frauen in der Gruppe gibt. Damit werden die Frauen bei der Nennung nicht nur nicht berücksichtigt, selbst ihre Mehrheit wird untergraben. Natürlich wird dieses Vorgehen hitzig diskutiert und ist beim Gendern schlichtweg Schwachsinn. Das Gendersternchen schafft Abhilfe und ersetzt die Regel des generischen Maskulinums. Wir haben also 50 Texter*innen.
Geschlecht: Anders als das, was viele von uns als Kind gelernt haben, setzt sich das Geschlecht weder durch Körperteile noch durch Kleidung, Frisur oder andere Merkmale fest. Heute wissen wir, dass es zwar Geschlechtsteile und Geschlechtsmerkmale, aber eben auch eine Geschlechtsidentität gibt. Es existieren Menschen, die haben alle körperlichen Eigenheiten eines Mannes und fühlen sich dennoch als Frau. Diese grenzen wir mit dem Gendern nicht mehr aus und zwingen sie auch nicht dazu, anders zu leben, als sie sich selbst sehen. Wir akzeptieren sie in unserer Gesellschaft. Egal ob sie nun Nicht-Binär, Trans*, Genderfluid oder Divers sind.
Geschlechtergerecht: Wer Sprache, Wort und Bild geschlechtergerecht darstellt, berücksichtigt die Gleichheit aller und stellt jedes Geschlecht in gleicher Wertung dar. Es handelt sich um ein Adjektiv, welches in Kombination mit anderen Wörtern auftaucht, wie z. B. geschlechtergerechte Sprache. genderneutral oder geschlechtsneutral sind ähnliche Begriffe.
Geschlechterrollen: Die Geschlechterrollen sind typische Vorurteile, die wir oft bereits als Kind erlernen. Etwas ist »typisch für eine Frau« oder »typisch für einen Mann«. Beim Gendern oder der gendergerechten Sprache wird darauf verzichtet. Weil solche Rollenbilder nicht mehr in die moderne Welt passen. Daher ist oft auch von stereotypen Rollenbildern die Rede, die nur auf Vorurteilen basieren, statt den Menschen ohne sein Geschlecht zu betrachten.
Geschlechtersensibel: Während der Begriff »Geschlechtergerecht« im Grunde dafür steht, auf alle Geschlechter Rücksicht zu nehmen, meint »Geschlechtersensibel« vielmehr eine erhöhte Aufmerksamkeit und Sensibilität gegenüber anderen Geschlechtern. Wer geschlechtersensibel agiert, bricht stärker mit alten Rollenbildern und versucht das Thema sehr feinfühlig zu behandeln.
Geschlechtsidentität: Da die Geschlechtsidentität etwas komplizierter ist, habe ich euch unten auf der Seite einen eigenen Absatz dazu geschrieben. Die Geschlechtsidentität ist zu komplex, um sie hier nur kurz zu behandeln. Sie meint im Kern aber das eigene Gefühl für das Geschlecht, wobei alles andere erst einmal ausgeklammert wird.
Geschlechtsneutral: Ebenso wie Texte geschlechtergerecht oder geschlechtersensibel dargestellt werden, können sie auch geschlechtsneutral verfasst werden. Geschlechtsneutral oder genderneutral meint, auf kein spezielles Geschlecht Bezug zu nehmen und Formulierungen so zu wählen, dass sie auf jedes Geschlecht gleichermaßen zutreffen.
Heteronormativität: Sie beschreibt die Norm, dass Menschen automatisch männlich oder weiblich sind und sich dem anderen Geschlecht hingezogen fühlen, also heterosexuell sind. Nach der Heteronormativität ändert sich dies im Laufe des Lebens auch nicht mehr.
Inter*: Beschreibt Menschen, die mit Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale auf die Welt gekommen sind. Sie sind weder klar männlich noch eindeutig weiblich zuzuordnen, da sie nicht den medizinischen Normen des Geschlechtes entsprechen. Das Gendersternchen steht hier für eventuelle Selbstbezeichnungen. Alternative Begriffe sind »Intergeschlechtlich« und »intersexuell«.
Maskulinismus: Ist theoretisch eine Männerrechtsbewegung, die sich für die Rechte von Männern einsetzt. Das ist per se auch gar nicht verkehrt. Leider wird unter dem Vorwand des Maskulinismus aber oft eine Unterdrückung der Frau gefordert und es kommt zum Antifeminismus.
Nicht-Binär: Beschreibt eine Geschlechtsidentität, bei der sich betroffene Personen weder männlich noch weiblich fühlen, sondern sich gänzlich anders definieren.
Norm: Eine Norm in der Gesellschaft legt fest, was als normal angesehen wird. Das Gendern und die gendergerechte Sprache sind deshalb so wichtig, weil nur eine neue Norm dafür sorgen kann, dass sich die festgesetzten Normen der Vergangenheit lösen. Sprache von damals muss sich zwangsläufig verändern, um eine neue Norm, also Normalität zu schaffen. Gendern verdeutlicht dies.
Pansexualität: Pansexuell sind Menschen, denen das Geschlecht, zu denen sie sich hingezogen fühlen, gänzlich egal ist. Pansexualität meint also im Grunde, dass sich betroffene Personen zu allen Geschlechtsidentitäten hingezogen fühlen.
Pränataldiagnostik: Mit der Pränataldiagnostik werden Untersuchungen zusammengefasst, die noch vor der Geburt eines Kindes stattfinden. Meist geht es dabei um Untersuchungen, die nicht lebensnotwendig sind, sondern lediglich dazu dienen, herauszufinden, ob das Kind Behinderungen aufweist oder intergeschlechtlich ist. Oft sind diese Untersuchungen dann der Grund für etwaige Schwangerschaftsabbrüche, damit das Kind eben nicht mit unklaren Geschlechtsmerkmalen oder Behinderungen auf die Welt kommt. Dementsprechend kontrovers wird das Thema diskutiert.
Queer: Einst als Schimpfwort verwendet, bezeichnen sich Menschen heutzutage sehr gerne als queer, um damit zu verdeutlichen, dass ihre sexuelle Orientierung von der Orientierung anderer Menschen abweicht. Viele bezeichnen sich auch als queer, um damit klarzustellen, dass sie sich nicht in eine Schublade packen lassen, sondern keiner klaren Richtung entsprechen. Sie sind ganz einfach queer.
Stereotyp: Mit Stereotyp ist beim Gendern das Stereotype Rollenbild von Mann und Frau gemeint. Stereotyp steht dabei für festgesetzte Klischees, Vorurteile und Verallgemeinerungen, die ungerechtfertigt sind und demnach voreilig getroffen werden.
Trans*: Ähnlich wie bei Inter*, steht auch das Gendersternchen bei Trans* für mögliche Eigenbezeichnungen der jeweiligen Person. Dazu gehören transgeschlechtlich, transsexuell oder auch transident. Trans* sind Menschen, deren bei der Geburt eingetragenes Geschlecht nicht mit ihrer eigenen Geschlechtsidentität übereinstimmt.
Im Glossar für gendergerechte Sprache hatte ich bereits erwähnt, dass es schwierig ist, die Geschlechtsidentität auf wenige Worte herunterzubrechen und somit einfach zu erklären. Stattdessen möchte ich dem Begriff der Geschlechtsidentität einen eigenen Absatz widmen, um der Erklärung wirklich gerecht zu werden.
Gerade die Geschlechtsidentität spielt beim Gendern eine wichtige Rolle. Wer nicht versteht, dass Geschlechter sich nicht nur nach Geschlechtsmerkmalen richten, begreift nicht, warum Geschlechterdenken grundsätzlich der falsche Weg ist. Gendern steht immer auch für die Freiheit des einzelnen Menschen. Die Geschlechtsidentität beschreibt das ganz gut.
Die Geschlechtsidentität ist im Grunde das, was jemand selbst von seinem Geschlecht zu wissen glaubt und wie er sich identifiziert. Es geht also nicht um medizinische Geschlechtsmerkmale oder das, was andere ihn über sein Geschlecht sagen, sondern darum, wie er sich im Inneren wahrnimmt.
Die Akzeptanz und das Gendern sorgen dafür, dass Personen, die sich nicht wie andere fühlen, nicht mehr für ihre Gefühle und Sichtweisen kämpfen müssen. Es kostet viel Energie, sich Respekt zu verschaffen, wenn die Umwelt die eigene Geschlechtsidentität nicht toleriert, versteht oder kennt. Gendern ist daher besonders für die verschiedenen Geschlechtsidentitäten wichtig. Wir gendern, damit sich niemand ausgegrenzt fühlen muss.
Die Geschlechtsidentität basiert auf der Annahme, dass es eben weitaus mehr Geschlechter gibt als Mann und Frau. Denken wir an Inter*, welche mit Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale geboren werden. Oder Trans*, die sich eben nicht mit dem bei der Geburt eingetragenen Geschlecht identifizieren können und daher eine andere Geschlechtsidentität besitzen.
Auch fühlt sich nicht jeder so, wie es der Norm entsprechen würde. Einige Menschen sehen sich eher zwischen den Geschlechtern oder gelten als Nicht-Binär, weil sie sich keinem Geschlecht zuordnen können. Andere bezeichnen sich bewusst als quer, um aufzuzeigen, dass sie anders ticken und eine andere Geschlechtsidentität besitzen.
Eine Zahl an Geschlechtern lässt sich nicht so einfach festlegen. Zu den oben genannten gesellen sich die im Glossar für gendergerechte Sprache erklärten Geschlechter wie Demi, Bigender, Genderfluid, Agender und viele weitere. Geschlechter sind nicht das, was wir einst darüber zu wissen glaubten. Geschlechter sind vielfältig und nicht so einfach klassifizierbar, wie es uns lange Zeit erschien.
Genau diese Erkenntnis ist ein wichtiger Punkt beim Gendern. Es gibt Menschen, die sich anders fühlen. Auf welche Art auch immer, spielt dabei nicht die geringste Rolle. Diese Menschen leider darunter, wenn Sprache sich nicht weiterentwickelt. Mit dem Wissen über die verschiedenen Geschlechter ist daher auch eine gendergerechte Sprache notwendig geworden. Das Gendern ist also vor allem eine Akzeptanz der individuellen Geschlechter, nicht nur der Wahl zwischen Mann und Frau.
Sogenanntes Gendern, also die geschlechtslose Ansprache aller Geschlechter und die fehlende Unterscheidung und Wertung zwischen Mann und Frau, sollte nicht nur in Texten vollzogen werden. Auch Gendern in Bild und Ton ist angebracht und wird immer mehr zum Standard.
Bei Bildern bedeutet dies, dass nicht ausschließlich Frauen oder Männer präsentiert werden. Gerade wenn es um Symbole geht, sollte darauf geachtet werden, dass es mehr als Mann und Frau gibt und auch hier kein Unterschied gemacht werden darf. Das gelingt mit verschiedenen Mischymbolen, die dann wiederum alle Parteien gleichermaßen ansprechen.
Die gendergerechte Sprache meint hingegen, dass wir das, was wir in Texten verwenden, auch innerhalb von Unterhaltungen anbringen können. Statt Mann und Frau direkt anzusprechen, wählen wir die also die geschlechtslose Mehrzahl und umgehen damit eine eindeutige Ansprache. Überhaupt ist es selten verkehrt, jemanden nicht direkt anzusprechen. Haltet Ansprachen daher lieber allgemein, um euch das Gendern in der Sprache zu vereinfachen.
Grundsätzlich sollte gendergerechte Sprache nicht nur in Texten, sondern auch in Bild und Ton Anwendung finden. Wer richtig gendern möchte, muss das Gendern aber eben erst erlernen. Einmal verinnerlicht, passiert das Gendern dann jedoch fast wie von selbst. Alles eine Frage der Gewohnheit.
Immer wieder kommen auch kritische Stimmen auf, die das Gendern verteufeln wollen und als etwas eher Negatives darstellen möchten. Angefangen von den Vorwürfen, dass das Gendern nur der Frau, nicht aber dem Mann diene, bis hin zum Vorwurf der Frühsexualisierung, ist alles dabei. Häufig ist auch die Kritik zu finden, dass gendern der deutschen Sprache schade, weil es die Wörter zerpflückt und Texte angeblich unlesbar werden lässt. Doch genau das soll das Gendersternchen als Genderzeichen verhindern.
Auch das Thema Frühsexualisierung ist Quatsch. Kinder werden weder in ihrer Entwicklung gestört noch pädagogisch beeinflusst. Es geht einzig und allein um die Aufklärung. Nur wer versteht, dass es mehr als Mann und Frau gibt, kann verständnisvoll und neutral damit umgehen.
Die Kritik an dem Gendern kommt häufig von Menschen, die im gleichen Kontext auch von »echten Frauen« und »echten Männern« reden. Doch genau darum geht es doch. Jeder darf sein, wie er möchte. Gendern ermöglicht nur, dass sich niemand ausgeschlossen fühlt, der sich anders wahrnimmt als die übliche Norm. Echte Männer und echte Frauen dürfen sich also immer noch so fühlen, zumal dies sowieso stets eine Definitionsfrage war, die sich alle paar Jahre maßgeblich verändert hat. Wie jetzt eben auch wieder.
Gendern bricht letztendlich viele Klischees in unserer Gesellschaft. Das Vater-Mutter-Kind-Klischee zum Beispiel. Ein Kind kann allein mit seinem Elternteil aufwachsen oder eben zwei Väter und Mütter haben. Vielfalt ist gut. Es spielt keine Rolle, ob Papa Trans* ist, das Kind eine Behinderung aufweist oder Mama sich als Agender betrachtet. Das Problem ist nicht, dass Menschen unterschiedlich sind, sondern dass Personen ausgegrenzt, gemobbt und nachteilig behandelt werden, weil sie sich anders fühlen und wahrnehmen. Gendern versucht genau das zu verhindern.
Jeder sollte sein dürfen, was er ist und wie er ist. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. Doch Sprache festigt Gedanken und stereotype Rollenbilder. Sie beeinflusst, wie wir die Welt und die Menschen um uns herum wahrnehmen. Gendern ist wichtig! Weil es die Sprache an unsere neue Welt anpasst. An eine Gesellschaft, in der wir wissen, dass nicht alles Schwarz oder Weiß und auch nicht jeder Mann oder Frau ist. Sei wie du dich fühlst und werde in Wort, Bild und Ton nicht länger ausgeschlossen. Das soll das Gendern erreichen. Nicht mehr und nicht weniger.
Zum Ende hin möchte ich noch einmal ein paar abschließende Worte zum Gendern loswerden. Vor allem ist mir wichtig zu vermitteln, dass das Gendern nicht länger optional ist. War es anfangs noch okay, darauf zu verzichten, scheint es jetzt absolut angebracht zu sein. Nicht zuletzt, weil auch große Publikationen (z. B. ZDF, Zeit) sich für das Gendern entschieden haben.
Persönlich finde ich es wichtig, niemanden auszugrenzen. Am Anfang mag die gendergerechte Sprache für viele Menschen ein wenig übertrieben wirken. Es ist zu Beginn tatsächlich schwierig, Texte genderneutral zu schreiben und es erfordert einiges an Umgewöhnung. Am Ende aber verändert sich gar nicht allzu viel. Es sind nur einige Worte und vor allem das eigene Bewusstsein dafür, dass es eben verschiedene Geschlechtsidentitäten gibt und niemand direkt angesprochen werden sollte. Alles eine Frage der Zeit und ruckzuck ist das Gendern zu einem Automatismus geworden.
Auch sollte jedem klar sein, dass Sprache sich weiterentwickelt und schon immer verändert hat. Das ist nichts Neues. Wie auch die Welt und die Menschen sich immer wieder verändern, passt sich die Sprache ebenfalls den derzeitigen Gegebenheiten an. Das Gendersternchen bietet hier eine angenehme und einfache Möglichkeit, niemanden auszugrenzen.
Am Ende geht es genau darum. Niemanden ausgrenzen oder benachteiligen. Indem wir festgesetzte Rollenbilder auflösen, schaffen wir mehr Bewusstsein für die Vielfalt verschiedener Persönlichkeiten und Geschlechter. Gendern ist also nicht länger optional, sondern eine Pflicht.