Honigkuchen (Rezension)

⭐⭐⭐ ⭐⭐

Buch auf Amazon.de* ansehen

Honigkuchen
Honigkuchen, von Haruki Murakami

Lust auf einen Honigkuchen

Nachdem ich »Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki« gelesen hatte und begeistert davon war, wie der Autor Haruki Murakami Geschichten schreibt, war ich bereit für weitere Bücher von ihm. Doch lange Zeit konnte ich mich nicht so recht entscheiden und kam in die Spirale, dass ich mir zwar viele Bücher von ihm ansah, aber nie eines davon kaufte. Das ging eine ganze Weile so.

Bis zu dem Tag, an dem ich kurz vor Weihnachten noch einmal richtig krank wurde und absolut gar nichts mehr konnte. Also bat ich meine Frau, mir ein Buch aus der Bücherei mitzubringen, um während meiner Krankheit eine sinnvolle Art der Beschäftigung zu haben. Einen Murakami wollte ich. Welchen, wusste ich allerdings immer noch nicht genau. Also ließ ich sie entscheiden.

Ungefähr eine Stunde später stand sie wieder im Schlafzimmer vor dem Bett und hielt mir einen Stapel Bücher unter die Nase. Darunter verschiedene Murakami und eben auch »Honigkuchen«. Eine Kurzgeschichte über einen Schriftsteller, der Kurzgeschichten schreibt. Soweit so interessant, dachte ich mir und war hellauf begeistert. Auch deshalb, weil das Buch sehr dünn erschien und daher problemlos im kränklichen Zustand zu bewältigen sein würde. Das ideale Buch für den Moment also?

Schauen wir uns »Honigkuchen« in meiner Rezension zur Murakami Kurzgeschichte doch einmal genauer an. Natürlich bin ich inzwischen wieder gesund, es sind einige Tage vergangen und meine Meinung über das Buch hat sich inzwischen entsprechend gefestigt. Doch erst einmal: Worum geht es denn nun genau?

Liebe und verpasste Chancen

»Honigkuchen« handelt von Junpei, einem Schriftsteller, der nichts anderes kann, als Kurzgeschichten zu schreiben, die noch dazu kaum jemand liest. Seit er denken kann, ist er in Sayoko verliebt, doch sie liebt einen anderen, nämlich seinen besten Freund. Die Chance, Sayoko für sich zu gewinnen, hätte er damals zwar gehabt, doch er hat im entscheidenen Moment gekniffen.

Seit damals hat sich viel verändert, einiges getan, und immer noch ist Junpei mit Sayoko befreundet und Teil ihres Lebens. So sehr sogar, dass Sayoko ihn immer wieder anruft und bittet, ihre kleine Tochter zu Bett zu bringen, denn die beruhigt sich meist nur dann, wenn Junpei ihr eine seiner aufregenden und spontan erdachten Geschichten erzählt. Denn das kann er gut – Geschichten erzählen.

Aus dieser Handlung entwickelt sich eine ganz wunderbare, absolut nicht künstlich dramatisierte Kurzgeschichte. Eine Geschichte, die von Liebe handelt, von verpassten Chancen, von Freundschaft und von der noch vor uns liegenden Zukunft, die immer eine Überraschung bereithält.

Nicht viel mehr als Diät-Honigkuchen

Etwas, was Murakami hervorragend beherrscht, jedenfalls wenn ihr mich fragt, ist es, Geschichten leicht und locker zu belassen. Allerdings ohne, dass sie dadurch an Bedeutung verlieren oder gar langweilig werden. Es scheint oft so, als benötigt Murakami gar kein großes Drama und auch keine einschneidenden Ereignisse, um eine schöne Geschichte zu erzählen. So bleibt auch »Honigkuchen« eine angenehm leichte Lektüre, bei der die Stimmung nicht von jetzt auf gleich kippt.

Im Gegenteil sogar. »Honigkuchen« erzählt etwas, was für sich genommen gar nichts Besonderes wäre. Die Geschichte mit der unerwiderten Liebe oder einer verpassten Chance kennen wir alle irgendwie auf die ein oder andere Art. Und dennoch wollte ich durchweg weiterlesen, mehr erfahren, herausfinden, ob doch noch etwas mehr dahintersteckt. Denn auch das beherrscht Murakami wie kaum ein anderer Autor. In jedem Satz scheint es so, als wäre da doch noch etwas Größeres, Düsteres, Bedeutungsschwangeres dahinter verborgen.

Ob das so ist, werde ich hier natürlich nicht verraten. Leicht bleibt die Geschichte aber bis zum Schluss. Auch leicht verständlich. Dieser ist zudem schnell erreicht, denn mit gerade einmal achtzig Seiten ist »Honigkuchen« in unter einer Stunde durchgelesen. Je nachdem wie schnell ihr lest natürlich. Mehr als einen Abend hält das Buch aber auf gar keinen Fall. Es ist also eher ein Diät-Honigkuchen.

Teures und recht kurzes Vergnügen

Kurzgeschichten sind etwas ganz Wunderbares, nicht aber zu diesem Preis. Für die gerade einmal achtzig Seiten verlangt der Verlag nämlich heftige zwanzig Euro. Das ist viel, ganz gleich wie man es zu rechtfertigen versucht. Denn die achtzig Euro sind, wie eben erwähnt, nicht mehr als eine gute Stunde an Unterhaltung. Mir ist es das nicht wert und ich war froh, dass meine Frau das Buch es nicht gekauft, sondern in der Bücherei ausgeliehen hat.

Persönlich kann ich mit den Illustrationen, die von Kat Menschik stammen, zudem rein gar nichts anfangen. Sie stören mich in »Honigkuchen« sogar, weil sie die eigene Fantasie bremsen. Zudem strecken sie das Buch nur noch mehr, genau wie der viel zu große Text. Es erscheint mir fast wie ein Kinderbuch in seiner Aufmachung, nicht wie eine Kurzgeschichte für Erwachsene.

Alles in allem ist »Honigkuchen« also weder ein Werk für die Ewigkeit noch ein bahnbrechender Roman von Autor Haruki Murakami. Es ist ein dünnes Heftchen, welches mit Zeichnungen und großer Schrift unnötig zu einem Buch aufgebläht wurde. Ein Buch, welches im Inneren nicht so viel verbringt, wie es von außen den Eindruck zu erwecken versucht. Es ist, was den Umfang angeht, eine reine Enttäuschung. Kurzgeschichte hin oder her.

Mein Fazit zu »Honigkuchen«

Alles in allem stellte sich bei mir nach dem Lesen daher eine gewisse Ernüchterung ein. Nicht wegen der Geschichte selbst. »Honigkuchen« erzählt eine ganz wunderbare Liebesgeschichte, von verpassten Chancen, Freunden, die für immer bleiben und manchmal dennoch im Weg stehen, aber auch von der Familie und dem Konzept dahinter. Doch das ganze Drumherum ist für mich einfach ein Ärgernis.

Das Buch ist teuer, unnötig aufwendig illustriert und erweckt so mitunter den Eindruck mehr zu sein, als es letztlich ist. Denn am Ende ist »Honigkuchen« tatsächlich nur eine relativ knappe und wenig aufregende Kurzgeschichte. Aufregung braucht Murakami gar nicht, das sagte ich bereits, wohl aber etwas Tiefe und Spielraum für seine Figuren. Beides besitzt »Honigkuchen« nicht. Es ist eine wunderschöne, fantasievolle Kurzgeschichte, doch sie bleibt auch recht flach und kratzt nur an der Oberfläche von all dem, was sie enthält.

Hätte ich das Buch also nicht nur aus der Bücherei ausgeliehen, wäre ich frustriert und geradezu verärgert über den Kauf. So bin ich zwar unterhalten worden, fühle mich aber in der Verantwortung, andere davor zu warnen, was sich hinter den zwanzig Euro verbirgt. Nämlich nicht viel mehr als eine gute Stunde an Unterhaltung. Wenn ihr euch Zeit lasst, wohlgemerkt.